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"Maritimes Wohnen im Herzen der Stadt", unter diesem Slogan startete zu Beginn der 90er Jahres die kommerzielle Auswertung der Wohnbebauung des Bremer Teerhofs. Unter diesem Titel wurden am 1. September 2012 die Geschichte sowie aktuelle Bilder des Bremer Teerhofs auf der "Wyspa Spichrzów" vorgestellt. Bei der "Wyspa Spichrzów" handelt es sich um eine Flußinsel im polnischen Gedansk, die eine ähnliche Geschichte und städtebauliche Bedeutung hat, wie der Bremer Teerhof, aber deren Wiederbebauung nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg noch nicht erfolgte.
Der Teerhof
- eine kurze Baugeschichte der Bremer Flussinsel
1624
- erstmalig als „Theerhof“ urkundlich erwähnt, ist der Teerhof der nördlichste Teil einer damals noch dreiteiligen Weserinsel. Ihren Namen erhält sie über das damals ausschließlich dort gestattete Teern von Schiffsrümpfen und -tauen. Unterschiedlichste, zumeist wesergebundene wirtschaftliche Nutzungen und das Nebeneinander von Leben und Arbeiten führen zum Ende des 19. Jahrhunderts zu einer ausgesprochen heterogenen Baustruktur. In den 30er Jahren gab es eine Koexistenz von Packhäusern (durch den damals gegenüberliegenden Hafen eine bevorzugte Nutzung), kleineren Produktionsstätten und Wohnbebauung.
1934
1940 - 45
- Zerstörung der Teerhofbebauung während des Zweiten Weltkriegs.
1944
1949
- werden die Weserburg und zwei Packhäuser im alten Stil an der Nordspitze des Teerhofs wieder errichtet.
1967
- wird auf dem südöstlichen Teil der Weserinsel ein modernes Versicherungshochhaus gebaut, über die kleine Weser wird ein kleines Sperrwerkes mit einer Fußgängerbrücke errichtet und die Uferbefestigungen werden modernisiert. Die restliche Flussinsel liegt trotz etlicher Gestaltungsvorschläge wegen des Widerstandes der Baubehörde brach und wird als Parkplatz genutzt.
1973
- hat das Liegenschaftsamt der Stadt Bremen sämtliche Grundstücke und bis dahin errichteten Gebäude des Teerhofs aufgekauft.
1977
- nach jahrzehntelangem Stillstand der Bautätigkeiten führen der offene Brief eines ehemaligen Eigentümers und die einsetzende öffentliche Diskussionen zu einem Ideenwettbewerb. Auf Betreiben des damaligen Leiters der Bauverwaltung werden die zweitplatzierten dänischen Architekten Dissing & Weitling mit der weiteren Ausarbeitung ihrer Pläne beauftragt.
1992
- wurden diese Entwürfe entgegen den Wünschen und Forderungen der ehemaligen Eigentümer, Anwohner und der politischen Opposition umgesetzt. Die drei- bis siebengeschossigen Zeilenbauten erhielten einen besonderen Wärme- und Schallschutz und wurden mit Fahrstühlen ausgestattet. Es entstanden hochwertige Eigentumswohnungen mit bester Innenausstattung. Zur einheitlichen äußeren Gestalt trugen die Dachdeckung aus roten Ziegelpfannen und die Fassadengestaltung durch Verblendsteine in verschiedenen Rottönen bei. Trotz wechselnder Dachformen, verschiedener Gestaltung der Gauben, Balkone und Fenstergrößen bietet die Gestalt der Teerhofzeilen ein einheitliches Gesamtbild. Einige Details wecken Assoziationen zu den früheren Packhäusern. Erweitert wurden diese Bauten des Teerhofs in Richtung Südosten um ein Gästehaus der Universität, dem Bürogebäude einer Reederei und eines Versicherungsgebäudes. Durch die Ausrichtung der Häuserzeilen entlang des Teerhof-Ufers entstand ein länglicher, ovaler, öffentlicher Innenraum. Der zur kleinen Weser hin orientierte Teil der Häuserzeilen verfügt über einen abgeschlossenen Terrassenbereich. Der Übergang von öffentlichem zum privatem Raum wird durch ummauerte Vorgärten, Arkadengänge und Zäune markiert. Eine von der Politik geforderte kulturelle Komponente bei der Teerhofbebauung blieb in der Gründung des Museums Weserburg stecken, das geforderte „Kulturforum Teerhof“ fehlt bis zum heutigen Tag. Direkt am Wasser an der Kleinen und der Großen Weser wurden kleinere öffentliche Wege angelegt - was eine „städtische Belebung“ bewirken sollte. Die Fußgängerbrücke über die Große Weser wurde in Verlängerung der Piperstrasse angelegt, kostete 11,9 Millionen DM und wird schließlich vom Landesrechnungshof als „unverantwortlicher Luxus“ bezeichnet. Der Teerhof sollte zu einem Bindeglied zwischen Alt- und Neustadt werden. Die erhoffte Belebung des Teerhofs blieb aus „...durch die monostrukturelle Wohnbebauung erhielt jede weitere kulturelle oder gastronomische Mischnutzung des maritimen Herzen Bremens ein unüberwindliches Hindernis“ (Roeder, H. u.A. S.66). Von den heute annähernd 500 Bewohnern des Teerhofs ist so gut wie nie etwas zu sehen. Weitere Versuche eine Belebung des Teerhofs durch die Einrichtung eines Café´s oder durch besondere Spazierwege zu erreichen, hatten keinen Erfolg.
2012
- wird auf dem Teerhof für eine 50 qm 2-Zimmerwohnung 1380,- Euro Miete verlangt und für eine 233 qm Penthousewohnung 4000,- Euro.
 
Teerhof Bremen 2012
 
Quellen:
- Dette, C., Grossmann, A. und Grossmann, R.: Der Teerhof in Bremen, Verlag H.M. Hauschild, 1995
- Roeder, H, Niemann, R., Aschenbeck, N.: Die Schlachte in Bremen, Isensee Verlag, Oldenburg, 1995
- immobilienscout24.de
 
Jürgen Amthor, August 2012/März 2020, CC-BY-NC-SA